Bereits seit Beginn meiner Praxistätigkeit 1986 arbeite ich erfolgreich mit diesen tüchtigen bemerkenswerten Tieren und konnte schon unzähligen Patienten mit unterschiedlichsten Beschwerden helfen. Die vielfache Wirkungsweise der Blutegel fasziniert mich auch heute noch immer wieder aufs neue. Seit 1995 bin ich Referentin für die Biebertaler Blutegelzucht. Dort werden jährlich insgesamt mehrere hundert Ärzte und Heilpraktiker in Theorie und Praxis in ein- bis zweitägigen Seminaren ausgebildet. Auch diese Tätigkeit macht mir viel Freude, insbesondere auch der praktische Teil des „Basisseminars“, denn viele der hochmotivierten Teilnehmer setzen sich dann selbst einen Egel unter der Prämisse „learning by doing“. Ich bin Mitglied der Pharmakovigilanzgruppe (in Zusammenarbeit mit dem BfArM), Blutegel betreffend und Mitglied der DGTHA (Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Therapien mit Hirudineen und ihres Artenschutzes e.V.).
In dem erstmals 2004 erschienenen Blutegelfachbuch „Blutegeltherapie" bin ich Mitautorin. Unser Buch liegt inzwischen in der dritten Auflage vor und ist in deutsch, russisch und englisch erhältlich.
Seit vielen Jahren kehrt das Bewusstsein auch beim Menschen zurück, dass Blutegel bei vielen Beschwerden sehr wirkungsvoll und nahezu frei von Nebenwirkungen helfen können (z. B. Gelenkbeschwerden, Venenentzündungen, Furunkel, Hörsturz etc.).
Der Blutegel ist das einzige blutsaugende Tier, das seine Nahrungsquelle (Mensch und Tier) gesund erhält und sogar zur Gesundung beiträgt.
Vom Menschen kennen wir als Nebenwirkungen leichten Juckreiz und Rötung der Haut an der Bissstelle, Tiere dagegen scheint der Blutegelbiss nicht einmal zu jucken. Insgesamt steht uns mit dem Blutegel ein extrem verträgliches Mittel mit nachgewiesener und lang anhaltender Wirkung zur Verfügung.
Das Wort „Egel“ stammt übrigens von dem griechischen Wort echis = kleine Schlange. Manche vermuten sogar, dass die Schlange des Aeskulapstabes einen Egel darstellt, das ist aber sicher falsch. Er ist jedenfalls schon lange für seine Heilkräfte berühmt. Bei den Germanen wurde das Wort „Blutegel“ z. B. nahezu synonym mit dem Wort „Heiler“ verwendet. Dhanvantari, der indische Gott des Ayurveda, trägt einen Blutegel in einer seiner vier Hände, und im Englischen wurden die Heiler des Mittelalters als „leecher“ [leech (engl.) = Blutegel] bezeichnet.
Inzwischen ist die Blutegeltherapie zum Gegenstand moderner Forschung geworden, die längst belegt hat, dass die Heilwirkung dieser Therapie nicht auf mittelalterlichem Aberglauben beruht.
Auch die rekonstruktive Chirurgie hat die sensiblen Blutsauger in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wiederentdeckt, als das abgerissene Ohr eines kleinen Jungen nur durch ihre Hilfe gerettet werden konnte. Die Blutegel sorgten mit ihren Sekreten dafür, dass der Blutfluss erhalten blieb, so dass das Ohr wieder anwachsen konnte. Seitdem erleben Blutegel eine Renaissance in der Heilkunst. Die moderne Biochemie hat eine Reihe von Wirksubstanzen und deren Wirkmechanismen im Blutegelspeichel aufgeklärt.
Zitat Dr.rer.nat. Manfred Roth,Biologe, Buchautor und ehemaliger Leiter der Biebertaler Blutegelzucht: